Verschiedene Blickwinkel.
In diesem Kapitel möchte ich das Gendern aus verschiedenen Blickwinken beleuchten. Teils sind dies eigene Gedanken, teils Gedanken anderer. Dabei werde ich auch auf öffentlich zugängliche Artikel im Internet verweisen.
Ich stelle überhaupt nicht in Frage, dass Frauen gegenüber Männern in der Vergangenheit in Bezug auf berufliche und gesellschaftliche Partizipation benachteiligt waren. In begrenztem Umfang sind Benachteiligungen weiterhin vorhanden. Ferner ist unbestreitbar, dass intersexuelle und transsexuelle Menschen in einer Gesellschaft, die eine klare Einordnung des Geschlechts von Kleinkind an in männlich oder weiblich erwartet, einem enormen Leidensdruck ausgesetzt sind. Nikki Gendermann wünscht sich eine diskriminierungsfreie Gesellschaft.
Die Frage ist aber, ob die Auslöschung einer grammatischen Form (das generische Maskulinum) tatsächlich einen Beitrag zu dem Anliegen leistet. Bzw. ob der Zugewinn an Gerechtigkeit so groß ist, dass er derart harte Eingriffe in die Deutsche Sprache rechtfertigen kann.
Sprache ist nicht nur Kopf-, sondern auch Herzensasche. Sie stiftet Identität. Sprache ermöglicht es, mit anderen Menschen zu kommunizieren und so sozial zu interagieren. Sie ist ein Teil von Kultur, in dem sich viel menschliche Kreativität entfalten kann. Und das über verschiedeste Genres und soziale Schichten hinweg (vom Schriftsteller über den Kolumnisten über den Satiriker bis zum zum Hip-Hop Interpreten). Sprache ist ständig im Fluss. Was ich früher "cool" fand, ist für meine Tochter heute "nice". Sprache entwickelt in verschiedenen sozialen Gruppen unterschiedliche Feinausprägungen, die so ein Identitätsgefühl in dieser Gruppe schaffen.
Schwierig sprechbarer Genderslang soll meinetwegen gern in spezifischen Communities weiterhin geschrieben und gesprochen werden. Für die Mainstream-Sprache, also die Sprache der Bürger, Behördem, des Fernsehens und der Zeitungen aber muss die oberste Maxime sein: Sprache muss barrierefrei sprechbar sein. Alle Formen, die das Schriftbild und die Aussprache verkomplizieren gehören nicht in den Mainstream.
Auf Internetseiten, die sich für das Gendern einsetzen, wird die Notwendigkeit des Genderns mit Studien begründet, in denen untersucht wurde, inwieweit Frauen unter dem generischen Maskulinum mitgedacht werden. Auf keiner dieser Internetseiten habe ich einen Verweis auf eine konkrete Studie, eine konkrete falsifizierbare Hypothese oder eine kurze Bechreibung der Versuchsbedingungen gefunden. Die Details bleiben schwammig. Aus diesem Grund will ich mich mit den Studien etwas näher auseinandersetzen.
Weitere Seiten im Kapitel "Blickwinkel":
- Gendern im Kontext unserer verwandten Nachbarsprachen
- Der Philanthrope Zirkumflex: ein Schelmenstreich ?
- Gedanken Anderer