Quergendern
(Rück-)Wege zu einer spalt* ungsfreien  Sprache

Esperanto, Latein und Genderdeutsch.

Interview geführt von Klaus am 24.8.21


Klaus: Hallo QuerGenderman.

QGM: Hallo Klaus.

Klaus: Ich habe auf Wikipedia einen Artikel über die Sprache Esperanto gelesen. Fand ich sehr interessant. Die wurde von einem Augenarzt Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt.

QGM: Ja, das Pseudonym des Augenarztes war „Doktoro Esperanto“. Damals hatten die Helden noch akademische Pseudonyme. Heute muss man Helden mit einem „män“ am Ende konstruieren.

Klaus: Superman, Spiderman, …

QGM: Genau. Vergiss Bicycle Repairman nicht.... Esperanto ist übrigens die weitverbreitetste Plansprache der Welt.

Klaus: Eine künstlich geschaffene Sprache, oder?

QGM: Genau. Die Österreichische Nationalbibliothek hat angeblich 500 solcher Plansprachen dokumentiert….. Die Vision hinter der Schaffung von Plansprachen ist, dass man sie von der Grammatik her sehr einfach konstruiert, damit jeder sie leicht erlernen kann. Sie soll die internationale Kommunikation fördern. Und dazu, haben die Schöpfer geschaut, was in den Grammatiken der verschiedenen Sprachen der Welt besonders einfach ist und das einfachste dann zusammengeführt.

Klaus: Ich habe übrigens mal gehört, dass das Lateinische, so wie wir das im Lateinunterricht gelernt habe, auch eine Kunstsprache ist.

QGM: Genau. Kann man bei Wikipedia nachlesen. Das Volk hat Vulgärlatein gesprochen, und aus diesem Vulgärlatein haben sich dann die romanischen Sprachen entwickelt: Spanisch, Italienisch, Portugiesisch usw.

Klaus: Glaubst Du, das stimmt?

QGM: Klingt zumindest plausibel. Ich spreche Spanisch, Portugiesisch und Französisch. Das, was an Vulgärlatein auf Wikipedia beschrieben ist, ähnelt wirklich den romanischen Sprachen mehr als das Lateinbuch-Latein. Vulgär heißt übrigens nicht versaut oder assozial.

Klaus: Ein Vereinfachung ist aber beim Schullatein nicht gelungen.

QGM: Nein. Wie sich das Schullatein genau herausgebildet hat, weiß ich auch nicht. Vielleicht musste man unterschiedliche Dialekte irgendwie zusammenfassen, um das Reich verwalten zu können. Vielleicht wollten einzelne kluge Menschen sich von der Masse abheben und ihre Eloquenz zur Schau stellen.

Klaus: Und andere haben es ihnen dann nachgetan.

QGM: Genau. Könnte so gewesen sein.

Klaus: Könnte man Genderdeutsch nicht auch als eigene Sprache auffassen.

QGM: Definitiv. Genderdeutsch ist eine eigene Sprache. Da baut sich gerade ein Ungetüm von neuer Grammatik auf. Das ist dann natürlich eine neue Sprache, die geschaffen wird.

Klaus: Eine künstlich geschaffene Sprache ?

QGM: Ja, so wie Esperanto. Und dazu noch mit mehreren Dialekten.

Klaus: Wieso mehrere Dialekte?

QGM: Wenn Du sagst, die Studentinnen und Studenten mögen ihre Hochschulllehrkraft, oder die Student*innen mögen ihre Hochschullehrkraft, oder die Studierenden mögen ihre Hochschullehrkraft…..die Struktur ist völlig unterschiedlich.

Das sind drei verschiedene Dialekte, wenn nicht gar drei verschiedene Sprachen.

Klaus: Krass…

QGM: Wenn es verschiedene Sprachen sind, dann gehören sie alle zur Sprachfamilie des Genderdeutschen. Und das Genderdeutsch ist dann eine Sprache innerhalb der Sprachfamilie des Deutschen…., neben Hochdeutsch, Schwyzerdütsch und Plattdeutsch.

Klaus: Das wäre dann eigentlich keine natürliche Weiterentwicklung des Hochdeutschen, sondern die Herausbildung einer völlig neuen Sprache.

QGM: Genau. Schau mal Schwyzerdütsch und Hochdeutsch. Beide Sprachen werden im Schweizer Fernsehen verwendet. Und da erkennt man, dass es keinen fließenden Übergang gibt. Entweder wird das eine gesprochen oder das andere. Man darf das Schwytzerdütsch nicht verwechseln mit einem schweizer Akzent, der abfärbt auf das in der Schweiz gesprochene Hochdeutsch.

Klaus: Interessant…..

QGM: Und beim Genderdeutsch ist es das Gleiche. Bei ARD und ZDF wird es z.B. in den Nachrichten, Kultursendungen und politischen Sendungen verwendet, aber nie in Filmen und Serien.

Klaus: Interessant…..Wenn Esperanto als Sprache gedacht war, die Völkerverständigung und Frieden fördern sollte. Was ist Deiner Meinung nach die Zielsetzung der Plansprache Genderdeutsch.

QGM: Das ist eine sehr interessante Frage. Es gibt Leute, die glauben, Genderdeutsch steht für eine gerechtere Welt mit mehr Gleichberechtigung…… Die ursprüngliche Idee war einfach, Frauen in der Sprache sichtbarer zu machen. Hierfür mussten sie von der generischen Form (z.B. Studenten) abgespalten werden…..Dafür brauchte man eine Begründung und die war dann, die generische Form ist grammatisch maskulin, was angeblich eine ziemliche Sauerei den Frauen gegenüber sein soll.

Kaus: Stimmt ja auch. Die Bürger ist der Plural von der Bürger, die Studenten der Plural von der Student….

QGM: Ja, das sind grammatische Geschlechter. Trotzdem sind die Studenten generisch und umfassen alle Geschlechter…. Man muss nur mal die Deutsche Sprache mit den verwandten Sprachen vergleichen, Englisch und Niederländisch…. Alles germanische Sprachen..... Die Struktur ist ähnlich. Substantive mit “er“ am Ende leiten sich in allen drei Sprachen von Verben ab. Maurer kommt von mauern, Kämpfer kommt von kämpfen. … Um es biblisch auszudrücken: “Am Anfang war das Verb“….. Maurer ist derjenige, der mauern kann, aber dazu muss die Tätigkeit des Mauerns erst einmal existieren.

Klaus: Das ist ja interessant ….

QGM: Ja. Die Engländer und die Niederländer kämen nie auf die Idee, unter "students" und "studenten" keine Frauen mitzudenken.

Klaus: Insofern geht Deutschland da einen Sonderweg in der EU.

QGM: Kann man so sagen…

Klaus: Wenn man nun Genderdeutsch als neue konstruierte Sprache auffasst, könnte man sich dann nicht auch vorstellen, eine andere deutsche Kunstsprache zu schaffen? …. Eine, die die Grammatik nicht so stark verkompliziert.

QGM: Klar. Hierzu habe ich mir das Konzept der Niederländisierung ausgedacht. Etwas stärker invasiv als der Philanthrope Zirkumflex, …..aber warum nicht. Wenn de Männer und de Frauen e gemeinsame Artikel hätten, klingt das gar nicht so fremd. De Variation ist auch nicht größer als zwischen Hochdeutsch-"was" und Ruhrpott-"wat". Auf jede Fall e Sache, de man mal gründlich durchdenken sollte. Ich habe das Gefühl, dass de Grammatik sich dadurch auch massiv vereinfachen ließe.

Klaus: Klingt einfach und verständlich.

QGM: Ich bevorzuge trotzdem den Philanthropen Zirkumflex. Ich will das Hochdeutsch ja nicht wirklich verändern. Ich möchte nur nicht, dass es vom Genderdeuschten verdrängt wird. Mein Motto lautet: Sprache muss barrierefrei sprechbar sein.

Klaus: Du sagtest, Frauen sollen im Genderdeutschen explizit sichtbar gemacht statt einfach nur mitgedacht werden. Dahinter steckt doch die Idee, dass Frauen in der generischen Form, also unter "Bürgern" nicht genug mitgedacht würden, oder?

QGM: Du sagst es. "Idee"….. Das ist eine Theorie, konstruiert…Die Experimente, die es zum Thema "mitgedacht sein" gibt, sind meiner Meinung nach ziemlich schwach. Um es wissenschaftlich auszudrücken: Die Signifikanz ist so gering, dass sie einen so harten Eingriff in die Sprache mit sovielen Verkomplizierungen nicht rechtfertigen….Die Schöpfer des Genderdeutschen beharren aber auf einer Aufspaltung der Geschlechter…..Die wird man mit keinem Argument der Welt überzeugen können, dass das Blödsinn ist.

Klaus: Angenommen, Frauen werden tatsächlich unter der generischen Form nicht genug mitgedacht. Sollte man dann nicht alles tun, dass sie dort mitgedacht werden? 

QGM: Das klingt vernünftig. Das wollen die Schöpfer des Genderdeutschen aber auf keinen Fall. Denn das Genderdeutsche hat ja seine Existenzberechtigung nur unter der Annahme, dass Frauen nicht genug mitgedacht werden,... bzw. neuerdings auch, das mitgedacht sein nicht ausreicht. Das Ganze ist erst später erweitert worden auf intersexuelle und transgeschlechtliche Menschen.

Klaus: Krass…..Besteht dann nicht die Gefahr, dass Frauen, intersexuelle Menschen und Transgeschlechter irgendwann tatsächlich nicht mehr mitgedacht werden?

QGM: So eine Art Self-Fullfilling-Prophecy. Theoretisch ja…..Dadurch, dass im Fernsehen Genderdeutsch aber nur in Nachrichtenmagazinen, Talkshows und Kulturmagazinen gesprochen wird und in normalen Unterhaltungsfilmen und –serien weiter hochdeutsch gesprochen wird, besteht die Hoffnung, dass das Hochdeutsch erst einmal de facto erhalten bleibt.......... Wenn jetzt im Tatort die Polizistinnen und Polizisten Verbrecherinnen und Verbrecher jagen würden, dann würde ich mir echt Sorgen machen...... Stell dir vor, Klaus, Kommissar Ballauf sagt zu Kommissar Schenk: Du Freddy, der_die Täter_In muss ein_e Komplizen_In gehabt haben, irgendein_e Studierende_r der Uni Hamburg. Oder ein_e Mitarbeitende_r der Firma Gendermann und Söhne.

Klaus: Puuuh, das wäre nicht cool. Aber würden dann die Leute nicht einfach auf RTL oder Sat 1 umschalten und gar keine Filme mehr auf ARD und ZDF schauen?

QGM: Das vermute ich sehr.

Klaus: Hmmm. Wenn die Einschaltquote bei ARD und ZDF total einbricht, werden die Sender dann überhaupt überleben können?

QGM: Erst einmal schon. Die werden ja finanziert durch die Rundfunkgebühren, die wir alle zahlen. Wenn Werbeeinnahmen wegbrechen, weil die Zuschauerzahl sinkt, dann müssen eben die Rundfunkgebühern erhöht werden ….Aber ehrlich Klaus, wenn die so einen Dialog zwischen Kommissar Ballauf und Kommissar Schenk in echt bringen, dann ist Sendeschluss. Das werden die nicht bringen.

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